| Weihnachtsgeschichte - einmal anders(04.01.2012) Auch wenn die eigentlichen Weihnachtsfeiertage vorüber sind, endet die Weihnachtszeit tatsächlich erst mit dem letzten Sonntag nach Epiphanias, weshalb immer noch von Weihnachten gesprochen werden kann.
Uns allen sind die im Umlauf befindlichen Weihnachtsgeschichten bekannt, die jedes Jahr aufs Neue in Bildern vom Stall und der Krippe ihren Niederschlag finden und von denen Krippenspiele und Weihnachtslieder zeugen.
Da geht es regelmäßig um die hochschwangere Maria und den Josef, die, weil sie arm waren, niemand aufnehmen wollte, weshalb sie erfolglos von Herberge zu Herberge zogen, um, zu guter Letzt, in einem Stall, bei Ochs, Esel und Kuhmist unterzukommen, wo für das neugeborene Kind nur eine Futterkrippe zur Verfügung stand.
Ärmlicher geht es nicht, weshalb sich eine solche Geschichte ganz hervorragend für Sozialpredigten aller Art eignet, wovon jedes Jahr reichlicher Gebrauch gemacht wird.
Aber was ist wirklich wahr an dieser Geschichte?
Im Lukasevangelium wird weder von „armen Leuten“, noch davon dass sie niemand aufnehmen wollte, noch davon, dass sie von Herberge zu Herberge zogen, noch von einem Stall mit Ochs, Esel und Kuhmist, berichtet.
Berichtet wird lediglich, dass das neugeborene Jesuskind in eine Krippe gelegt wurde, weil sie sonst keinen Raum in der Herberge hatten. Alles andere wurde in den lukanischen Text hineininterpretiert bzw. durch fromme Phantasie hinzugedichtet. Warum sie keinen Raum in der Herberge hatten, wird nicht berichtet.
Wie könnte es denn wirklich gewesen sein? Gehen wir die Dinge mal Punkt um Punkt durch.
Da sind zuerst die „armen Leute“.
Nach dem Stammbaum Jesu zu urteilen, mit dem das Matthäusevangelium beginnt, entstammte Josef einer bedeutenden Familie, deren Anfänge sich bis auf Abraham zurückverfolgen lassen.
Das lässt darauf schließen, dass Josef, der ein Baugeschäft gehabt haben dürfte, keinesfalls arm war. Darauf lässt auch der Umstand schließen, dass sich Josef an seinen Herkunftsort begeben musste, aber dazu später.
Über Maria sind zwar keine diesbezüglichen Einzelheiten bekannt; aus der Verwandtschaft mit Elisabeth, der Mutter Johannes des Täufers, die aus dem Geschlecht Aaron stammte, kann geschlossen werden, dass auch Maria keine „einfache Frau“ sondern die Tochter eines Priesters war.
Im Lukasevangelium wird berichtet, dass von Kaiser Augustus ein Gebot ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Zu diesem Zweck begaben sich Maria und Josef nach Bethlehem, als dem Herkunftsort des davidischen Geschlechts, zu dem Josef gehörte.
Das römische Weltreich war, nach heutigen Maßstäben, ein „moderner Staat“ mit einer funktionierenden Verwaltung. Um einen Überblick über die Staatsfinanzen zu erhalten, war es notwendig die Grundlagen für die Besteuerung, man würde dazu heute vielleicht „Einheitsbewertung“ sagen, zu ermitteln.
Auch wenn jeder Einwohner des Landes steuerpflichtig war, machte eine Reise an den Herkunftsort, zum Zwecke der „Datenerfassung“, nur dann Sinn, wenn ein größeres Vermögen anzunehmen war.
Es ist deshalb gut vorstellbar, dass sich nur diejenigen an ihre Herkunftsorte begeben mussten, die Anteile an einem Familienbesitz hatten, die steuerlich zu bewerten waren. Die Hirten auf dem Felde, von denen Lukas berichtet, schienen schon einmal nicht zu den derart Begüterten zu gehören.
Ebenso dürfte sich auch für diejenigen, die nie über ihren Geburtsort hinausgekommen sind, eine Reise an ihren Herkunftsort erübrigt haben.
Dabei ist auch zu sehen, dass es zu einem Zusammenbruch des gesamten Staatswesens gekommen wäre, wenn sich tatsächlich alle Bewohner des römischen Reiches auf Wanderschaft begeben und dazu ihre Wohn- und Arbeitsorte verlassen hätten.
Nicht zu denken an die Heerscharen von Steuerbeamten zur Bewältigung der Verwaltungsaufgaben, von der Dokumentation der für die Steuererhebung maßgeblichen Daten bis hin zu den „Steuerbescheiden“.
Die „Staatsquote“ war übrigens schon damals so hoch, wie heute bei uns, wo man ebenfalls ein halbes Jahr nur für die Steuern und Abgaben arbeiten musste.
Bethlehem war zur Zeit der Geburt Jesu ein unbedeutender Ort mit schätzungsweise 900 Einwohnern. Also kein Handelszentrum oder Fremdenverkehrsort mit einem entsprechenden Beherbergungsgewerbe. Man würde heute Hotels und Gasthäuser dazu sagen.
Als Herberge dienten in der damaligen Zeit auch die Obergeschosse der Häuser, in denen Gäste untergebracht werden konnten. Denkbar ist, dass Maria und Josef versuchten bei ihrer Verwandtschaft in Bethlehem unterzukommen, woraus aber nichts wurde, weil der gesamte Ort hoffnungslos von der davidischen Verwandtschaft überfüllt war.
Für Maria und Josef bot sich deshalb nur noch ein behelfsmäßiges Notquartier im Bereich der Herberge an, nachdem in der Herberge selbst kein Raum mehr frei war.
Bei diesem Notquartier kann es sich auch um eine Räumlichkeit im Untergeschoss eines Hauses gehandelt haben, wobei angenommen werden muss, dass Maria und Josef die lebensnotwendige Hilfe zuteil wurde, sie also mit allem Notwendigen versorgt wurden, da sie das alles sonst nicht unbeschadet überstanden hätten.
Es ist auch nicht anzunehmen, dass Maria und Josef völlig mittellos auf ihre Reise gingen und sich ausschließlich auf die damals übliche Gastfreundschaft verließen. Sie sind bestimmt nicht wie Bettler durch die Lande gezogen.
Zudem muss der Besuch der Hirten beim neugeborenen Jesuskind in Bethlehem für Aufsehen gesorgt haben.
Vom Besuch der Weisen aus dem Morgenland wird im Lukasevangelium nichts berichtet. Es ist auch nichts darüber berichtet, wie viel Weise es waren und wann sie eingetroffen sind. Auch das genaue Geburtsdatum von Jesus ist nicht bekannt, weshalb alle Geschichten von Kälte, Eis und Schnee jeglicher Grundlage entbehren. Matthäus berichtet, dass die Weisen ins Haus (nicht in den Stall) gingen und dort das Kindlein und Maria fanden, wobei Josef nicht erwähnt wird.
Dazu ein paar grundsätzliche Anmerkungen:
Das römische Weltreich war ein Rechtstaat, dessen Rechtsverständnis bis heute das deutsche und europäische Recht prägt.
Die Neigung, die Gestalten, die in der biblischen Geschichte eine Rolle spielen, als „arm“ hinzustellen, weil Gott angeblich ein Herz für die Armen hat, hält einer Prüfung nicht stand.
Armut ist, ebenso wie Reichtum, kein besonderer Verdienst, der bei Gott zu einem „Bonus“ führt. Bei den im Neuen Testament aufgeführten Männern und Frauen, handelt es sich überwiegend nicht um Leute, die man als „arm“ bezeichnen müsste. Einige waren sogar sehr wohlhabend. Entscheidend ist auch hier, wie das anvertraute Gut eingesetzt wird und an was man sein Herz hängt.
Die Bibel, als Wort Gottes, berichtet, in äußerst knapper und geraffter Form, nur das, was unmittelbar heilsgeschichtlich bedeutsam ist. Gerade weil es so wenige Worte sind, sind diese wenigen Worte von besonderer Bedeutung.
Deshalb ist es notwendig ganz genau auf das zu achten, was tatsächlich geschrieben steht und zu fragen, warum uns gerade das berichtet wird und welche Erkenntnisse wir daraus gewinnen können.
Was sagt das Wort Gottes konkret zur Geburt Jesu?
Eliud zeugte Eleasar. Eleasar zeugte Mattan. Mattan zeugte Jakob. Jakob zeugte Josef, den Mann der Maria, von der geboren ist Jesus, der da heißt Christus.
Alle Glieder von Abraham bis zu David sind vierzehn Glieder. Von David bis zur babylonischen Gefangenschaft sind vierzehn Glieder. Von der babylonischen Gefangenschaft bis zu Christus sind vierzehn Glieder.
Matthäus 1, Verse 15 - 17
Das sind nur die letzten Verse von Jesu Stammbaum. Interessant ist, dass es im gesamten Stammbaum immer ums Zeugen geht. Abweichend davon wird bei Jesus nur Maria als Mutter Jesu erwähnt. Josef wird als Mann der Maria, nicht aber als Vater von Jesus, aufgeführt.
Auch wenn von Josef später nichts mehr geschrieben steht, stellt ihm das Wort Gottes trotzdem ein gutes Zeugnis aus, in dem er als gerecht bezeichnet wird. Seinem Verhalten nach zu urteilen, hatte er das, was man einen edlen Charakter nennt.
Für Juden, die zum Glauben an Jesus Christus kommen, ist dieser, aus der jüdischen Tradition kommende Stammbaum, der uns eher „langweilig“ erscheint, sehr hilfreich.
Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeder in seine Stadt. Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, weil er aus dem Hause und Geschlechte Davids war, damit er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger.
Und als sie dort waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.
Lukas 2, Verse 1 – 7
Mehr wird uns hinsichtlich der Geburt Jesu nicht berichtet. Was ich am Evangelisten Lukas besonders schätze, ist seine akribische Gründlichkeit, mit der er die Abläufe recherchiert hat.
So macht er die Geburt Jesu an exakten, nachprüfbaren geschichtlichen Ereignissen und Ortsangaben fest. Aus dem Bericht ist zu schließen, dass die Geburt Jesu nur deshalb unter wenig komfortablen Umständen erfolgte, weil sich Maria und Josef zu diesem Zeitpunkt nicht an ihrem Heimatort sondern unterwegs in Bethlehem, zum Zwecke der Steuerschätzung, befanden. Es wird auch nichts darüber berichtet, ob die Geburt Jesu unmittelbar nach der Ankunft in Bethlehem erfolgte oder erst nach einigen Tagen des Aufenthalts in Bethlehem.
Im Übrigen passiert es bis heute, dass Kinder unterwegs, an ausgefallenen Orten, wie im Auto oder im Flugzeug oder in Notsituationen geboren werden, weil es überraschend zu einer Geburt kommt.
Aus dem Lukasevangelium lässt sich damit nur soviel entnehmen, dass es offenbar dem Plan Gottes entsprach, seinen Sohn unter notvollen Umständen zur Welt kommen zu lassen um uns dadurch anzuzeigen, dass es IHM auf ganz andere Dinge ankommt und sich Seine Maßstäbe völlig von den unseren unterscheiden. Was das jeweils ist und auf was es ankommt, muss der Leser herausfinden. Und da steckt in der Geschichte eine Menge drin.
Natürlich soll jetzt niemand die Freude an den üblichen Weihnachtsgeschichten genommen werden. Wem das zusagt, der darf weiterhin gerne an Stall, Krippe, Ochs und Esel, einschließlich Kuhmist, festhalten.
Auf die Thematik bin ich durch einen Bericht in einer christlichen Zeitschrift
gekommen, den ich schon vor längerer Zeit gelesen habe, wobei ich allerdings nicht mehr weiß, wo genau ich das gelesen habe. Ich habe mich jetzt neuerlich mit der Thematik befasst und weitere Gedanken angefügt.
Angemerkt sei noch, dass im Lukasevangelium davon geschrieben steht, dass Maria ihren ersten Sohn gebar. Danach hatten Maria (richtig: Mirjam) und Josef später noch weitere Kinder. Im Neuen Testament wird später von den Brüdern Jesu (richtig: Jeschua) berichtet, die nicht an ihn glaubten.
Für die Sündlosigkeit, die ungebrochene Jungfrauenschaft und die Himmelfahrt Marias, die zusammen mit Gottvater und Jesus als Sohn, eine himmlische Familie bilden, gibt es keinerlei biblische Hinweise.
Ebenso auch nicht darauf, dass Maria ein uneheliches Kind erwartete, dessen Zeugung dann dem Heiligen Geist in die Schuhe geschoben wurde, so wie es seitens der gottlosen historisch-kritischen Theologie hingestellt wird.
Wir tun gut daran uns glaubend an dem zu orientieren was im Wort Gottes geschrieben steht.
Jörgen Bauer
|