| Tag der Befreiung?(25.05.2015) In der DDR wurde der 8. Mai, der Tag der Kapitulation der Deutschen Wehrmacht, von Anfang an – unter der Prämisse “Dank euch, ihr Sowjetsoldaten” – als “Tag der Befreiung” begangen. Nach der in der DDR herrschenden Ideologie waren Faschismus und Nazismus, einschließlich der Judenvernichtung, die zwangsläufige Folge des kapitalistischen Ausbeuter- und Unterdrückungssystems, das am Ende nicht einmal davor zurückschreckt, die Ausgebeuteten zu Seife zu verarbeiten.
Nach kommunistischer Lesart wurde die Arbeiterklasse im Bereich der späteren DDR durch den Sieg der Sowjetarmee vom Joch des Faschismus und der kapitalistischen Ausbeutung befreit, was entsprechend für die “sozialistischen Bruderländer” galt, die ebenfalls in dieser Weise von der Sowjetarmee befreit und als “Volksrepubliken” in das sozialistische Lager (Ostblock) unter Führung der “Partei der Arbeiterklasse der Sowjetunion – “von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen” - eingegliedert wurden.
Die Frage nach der Schuld der Deutschen, so wie sie im Westen später kultiviert wurde, stellte sich dabei überhaupt nicht, weil die im Faschismus Involvierten mit Beginn der sozialistischen Herrschaft der Arbeiterklasse unverzüglich entmachtet und aus dem Verkehr gezogen wurden, sofern man sie - wegen ihrer Fachkenntnisse - nicht doch gebrauchen konnte.
Wenn es weiterhin Schuldige gab, dann waren das die Imperialisten, Monopolkapitalisten, Revanchisten, Kriegstreiber usw. und ihre Handlanger, die als Feinde der Arbeiterklasse weiterhin in Westdeutschland angesiedelt waren. Das war bei jedem offiziellen Anlass zu hören und in der Zeitung nachzulesen.
Nachdem sich Sowjetunion und Westmächte schon kurze Zeit nach Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mehr grün waren, trat der US-Imperialismus an die Spitze dieses Feindbildes.
Der Angriff auf Dresden am 13. Februar 1945 wurde dementsprechend als “sinnloser anglo-amerikanischer Terrorangriff” gebrandmarkt. Am Leipziger Hauptbahnhof wies eine Tafel darauf hin, dass dieser Bahnhof durch einen ebensolchen Terrorangriff zerstört wurde. Entsprechend kommunistischer Lesart richteten sich diese Angriffe ihrem Wesen nach immer gegen die unterdrückte Arbeiterklasse.
So haben wir das in der DDR in der Schule gelernt, was überdeutlich zeigt, dass die Geschichte von den Siegern geschrieben wird. Zu den Siegermächten gehören aber auch die USA, Großbritannien und Frankreich, die wieder eine andere Sichtweise hatten und die Deutschen zu guten Demokraten machen wollten.
Dass die Geschichte von den Siegern geschrieben wird, hat automatisch zur Folge, dass uns vieles vorenthalten wird, was das jeweilige Geschichtsbild stören würde, weshalb es sich empfiehlt, sich nicht nur aus den gängigen Medien zu informieren. Man wird da auf ganz erstaunliche Dinge stoßen.
Und wie sehen das die Deutschen als “Befreite”?
Wenn man sich etwas mit der Vergangenheit befasst, stellt man fest, dass nach Kriegsende die Sichtweise des ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss noch am realistischsten war.
Für ihn war der 8. Mai 1945 sowohl ein Tag der Niederlage als auch ein Tag der Befreiung. Und um der Wahrheit die Ehre zu geben: Den Siegermächten ging es nicht um die Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus, sondern um den Sieg über Deutschland, das es auch als Konkurrenten auszuschalten galt, um den eigenen Einflussbereich zu vergrößern.
Wäre es deshalb nicht an der Zeit, einmal die deutsche Niederlage aufzuarbeiten, anstatt sich ständig nur mit der deutschen Schuld zu befassen und dabei ständig nach neuen Verstrickungen zu suchen?
Ein deutsches Selbstwertgefühl kann meines Erachtens erst dann wieder entstehen, wenn man die Niederlage verarbeitet und richtig einordnet. Und das geschieht nicht durch ständige Selbstanklagen, Schuld- und Reuebekenntnisse, sondern dadurch, dass man zu seinem Land, seiner Geschichte und Kultur steht.
Dadurch, dass sich die Deutschen verführen und missbrauchen ließen, wurden sie in die größte Niederlage ihrer Geschichte geführt. Das Deutsche Reich hörte auf zu existieren. Die Regierungsgewalt wurde von den Siegermächten übernommen. Bis heute sind die Deutschen von dieser Fremdbestimmung nicht frei, trotz Wiedervereinigung und anderslautender Parolen.
Am schlimmsten ist wohl die moralische Niederlage. Galt Deutschland bis dahin als Land der Dichter und Denker, das auf allen Gebieten der Kunst, Kultur und Wissenschaft großartige Leistungen von Weltgeltung erbracht hatte, stand es nun plötzlich als das da, was es angeblich “wirklich” ist: nämlich ein Land der geborenen Mörder und Verbrecher.
Diese Sichtweise wird unausgesprochen bis heute, am meisten von den Deutschen selbst, gepflegt. Erkennbar wird dies an einem kultivierten Schuldkult, aus dem heraus von offizieller Seite bei jeder sich bietenden Gelegenheit, einschließlich diverser Gedenktage, Schuld-, Scham- und Reuebekenntnisse und Erklärungen, wie sehr das alles dazu verpflichtet, sich weltweit durch Wohltaten hervorzutun, abgegeben werden.
Erklärbar wird dadurch auch die Hysterie gegen Rechts und die Neigung, alles, was in irgendeiner Weise von dieser Staatsdoktrin abweicht, als “rechts”, faschistisch”, “neonazistisch”, “fremdenfeindlich” und wie die Parolen alle heißen, zu diffamieren.
Die deutsche Vergangenheit wird, auch im schulischen Bereich, auf die zwölf Jahre des Nationalsozialismus reduziert und der Eindruck vermittelt, dass die deutsche Geschichte eigentlich erst nach dem 8. Mai 1945 begonnen hat, weil alles, was in den Jahrhunderten davor geschah, darauf hinauslief, den Nationalsozialismus, und hier speziell den Holocaust, zu ermöglichen.
Dass es die vollmundige nationalsozialistische Propaganda war, die es verstand ihre abwegige Ideologie ungefragt in eine enge Verbindung mit dem deutschen Volk und dem deutschen Volkstum zu bringen, interessiert dabei nicht.
Eine Folge ist, dass von den Nazis bestimmte Begriffe überstrapaziert wurden, weshalb sie jetzt verpönt sind und peinlich gemieden werden, da man andernfalls in den Verdacht kommen kann, ein verkappter Nazi zu sein. Und da ist es bereits “verdächtig”, sich als Deutscher zu bekennen oder gar zu äußern, dass man stolz darauf ist, ein Deutscher zu sein.
Und linke Antifa- und Grünenkreise zelebrieren einen regelrechten Selbsthass auf
alles Deutsche. Und wenn bei Fußballweltmeisterschaften deutsche Fahnen gezeigt werden, befürchtet mancher Grüne ein Wiederaufleben des deutschen Militarismus, falls es so etwas tatsächlich gegeben haben sollte und nicht nur ein propagandistisches Schlagwort ist.
In seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag, am 08. Mai 1985, hat der damalige
Bundespräsident Richard von Weizsäcker den Tag der deutschen Kapitulation als “Tag der Befreiung” bezeichnet. Das wurde als “richtungsweisende Erleuchtung” gerühmt, “die Licht ins Dunkel einer bis dahin nicht verstandenen Vergangenheit brachte”.
Auf dieser ideologischen Linie fährt man seither.
Dabei gäbe es auch Fragen zur Person Richard von Weizsäckers. Richard von Weizsäcker wurde als “schneidiger und tapferer” Offizier beschrieben, der in Russland kämpfte und der es verstand, seine Leute auch noch gegen Kriegsende zum vollen Einsatz zu motivieren.
Von Weizsäcker erhielt hohe Auszeichnungen, wie das Deutsche Kreuz in Gold. Noch im April 1945 wurde er für einen Eintrag in das Ruhmesblatt der Deutschen Wehrmacht vorgeschlagen. Als Jurist verteidigte er seinen Vater, einen hohen Beamten, vor einem Kriegsverbrechertribunal, wo dieser zu fünf Jahren Haft verurteilt wurde, was Sohn Richard als ungerecht empfand.
Nach seinen Aussagen hat Richard von Weizsäcker von der Judenvernichtung nie etwas gehört. “Nichts gewusst zu haben”, wurde den Deutschen aber allgemein zum Vorwurf gemacht.
Im Jahr 2015 hat sich Bundespräsident Joachim Gauck dann der DDR-Sprachregelung angeschlossen, in dem er posthum bewegende Worte des Dankes an die sowjetischen Soldaten richtete, die uns am 08.Mai 1945 vom Nazismus befreit haben.
Der Kampfeinsatz der sowjetischen Streitkräfte und die überaus großen Verluste an Menschenleben auf russischer Seite sollen nicht vergessen werden. Deshalb ist es richtig, auch dieser Toten zu gedenken. Die deutschen Opfer wurden von Bundespräsident Gauck allerdings nicht erwähnt.
Wie ist das alles zu bewerten?
Hinsichtlich der sowjetischen Befreier führte die Befreiung vom Nazismus zu einer
neuen Diktatur, die des Stalinismus und Kommunismus. Nachdem Teile der Wehrmacht, einschließlich der SS und anderer Verbände in der Sowjetunion - wenn auch auf Befehl - unbarmherzig gewütet hatten, waren Russen und andere Völkerschaften,die ebenfalls unter dem NS-Terror litten, bestens “motiviert”, um an Deutschen Rache zu nehmen, wie es dann auch vielerorts geschah.
Auch das ist Teil der totalen Niederlage des Deutschen Reiches, einschließlich Flucht und Vertreibung und die nahezu vollständige Zerstörung deutscher Städte, von denen nur noch Ruinen übrig geblieben waren.
Der “Tag der Befreiung” bekommt dadurch einen schalen Beigeschmack.
Eine “Befreiung”, wie sie jetzt überbetont wird, war der 8. Mai 1945 nur insoweit, als die Bombenangriffe aufhörten, das Naziregime beseitigt war und man wieder Hoffnung schöpfen konnte. Befreit wurden auch die überlebenden KZ-Häftlinge, darunter auch Deutsche und andere Inhaftierte, die Gegner des Nationalsozialismus waren.
Allerdings wurden in der Ostzone die KZs und Gefängnisse gleich wieder gefüllt, diesmal von wirklichen oder auch nur vermeintlichen Gegnern des Kommunismus/Stalinismus, was viele nicht überlebten.
Für die Deutschen, die sich mehrheitlich den Verhältnissen angepasst hatten, mag die NS-Herrschaft lästig gewesen sein, stellte aber, sofern man sich ruhig verhielt, keine unmittelbare Bedrohung dar.
Wenn ich mich an meine Kindheit in der Nachkriegszeit erinnerte, wurde da nicht über die Nazidiktatur geklagt, sondern darüber, “dass früher alles besser war” - gemeint war die Zeit vor dem Krieg – und dass der Hitler schon in Ordnung war. Er hätte halt nur den Krieg nicht anfangen, bzw. rechtzeitig aufhören müssen und das mit den Juden nicht machen dürfen.
Hier muss man sehen, dass Hitler als “Retter” galt, unter dem es im Deutschen Reich wieder zu einem Aufschwung kam. Hitler kam übrigens legal an die Macht. Die “nationalen Sozialisten”, wobei die Betonung auf “Sozialisten” liegt, verstanden es, das Volk durch soziale Wohltaten in ihrem Sinne zu beeinflussen.
Die Deutschen waren keine Demokraten, nach westlichem Zuschnitt, sondern auf autoritär getrimmt. Da ging es um Zucht und Ordnung, und das gab es im Dritten Reich. Ich erinnere mich noch an Zeiten, wo man vor Ämtern und Amtspersonen den allergrößten Respekt hatte und dort in der Rolle des Bittstellers und Untertans auftrat.
Dinge wie Kundenorientierung, Bürgernähe, Bürgerinitiativen und dergleichen gab es weder im Dritten Reich noch in der Nachkriegszeit. Von daher kann man nicht von den heutigen Verhältnissen ausgehen, wenn man Vorwürfe gegen die Väter- und Großvätergeneration erhebt.
Wer als angepasster Untertan im obrigkeitlichen Denken verhaftet war, war nicht in der Lage, sich gegen die NS-Diktatur zu erheben. Als Kind wurde mir noch beigebracht, mich nie um Politik zu kümmern, weil man da nur ins Gefängnis komme. Also nichts erzählen, weil die Mutter sonst nach Sibirien käme.
Die 68er Chaoten waren diejenigen, die sich gegen das Autoritäre auflehnten. Ihr Fehler war, dass sie das Kind mit dem Bad ausschütteten und gleich jede Form von notwendiger Ordnung und Autorität als “faschistisch” ablehnten. Auch das ist in gewisser Weise wieder typisch deutsch und wenn man so will “faschistisch”: Immer “gründlich”.
Was dann in die Aussagen linker Kreise einmündete, wonach man mit den als deutsch geltenden Tugenden wie Fleiß, Ordnung, Gründlichkeit, Sauberkeit usw. auch ein KZ leiten könne. Und der promovierte Sozialwissenschaftler und Genderforscher Heinz-Jürgen Voß verstieg sich letztens sogar zu der Behauptung, dass die Unterscheidung in Mann und Frau eine Erfindung der Nazis sei. Zuvor hätte man von “Geschlechtervielfalt” gesprochen.
Dass das mit dem “Tag der Befreiung” in der Ostzone und späteren DDR eine ideologische Farce war, ist leicht durchschaubar. Aber auch in der heutigen Bundesrepublik kann der “Tag der Befreiung” nicht vollständig überzeugen.
Wie müsste denn eine Befreiung aussehen?
Der erste Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, Konrad Adenauer, der ein Gegner der Nazis und deshalb teilweise sogar inhaftiert war, zeigte von Anfang an, trotz der deutschen Kriegsschuld, Selbstbewusstsein und konterte den Hinweis auf die von Deutschen verursachten Leiden mit dem Hinweis, dass auch die Deutschen unter den Folgen des Krieges und der NS-Herrschaft gelitten hätten. Auch unter den Deutschen habe es viele Opfer und jede Menge Todesurteile gegeben, oft aus nichtigen Gründen, durch den Volksgerichtshof.
Machte es sich Adenauer damit zu einfach?
Das deutsche Volk bestand in seiner überwiegenden Mehrheit noch nie aus Mördern und Räubern. Die Deutschen sind nicht besser oder schlechter als jedes andere Volk, wo es überall schon politisch Kriminelle und ihre Handlanger gab und gibt, die bis auf den heutigen Tag Völkermordaktionen in die Wege leiteten und leiten.
Schon mal was von den Kongogräueln gehört, mit dem belgischen König Leopold II. als königlichem Massenmörder? Von 1888 bis 1908 gab es in Belgisch-Kongo bis zu
15 Millionen Tote. Wenn das noch nicht bekannt ist, empfiehlt es sich, sich einmal im Internet kundig zu machen. Aufgearbeitet wurde bislang nichts. Das Aufarbeiten scheint mehr eine deutsche Spezialität zu sein.
Die Nationalsozialisten, die sich anfangs als Wohltäter verkauften, haben ein ganzes Volk verführt und in den Abgrund gerissen. Auch die Deutschen, die an den Untaten nicht beteiligt waren, sind Opfer.
Wenn das erkannt wird und nicht weiterhin von einer Kollektivschuld fabuliert wird -
was von den Siegermächten auch nie behauptet wurde - und wir uns wieder den aufrechten Gang angewöhnen, sind wir wirklich befreit.
Dem steht nicht entgegen, der Opfer zu gedenken und weltweit Gutes zu tun – allerdings ohne Schuldkult. Beim Gutes tun wären wir übrigens wieder bei Kaiser Wilhelm II. angelangt, der da sagte: “An unserem Wesen soll die Welt genesen”. Auch das Helfersyndrom scheint typisch deutsch zu sein.
Wenn ich aber von links-grüner Seite höre, dass man die Meinungsfreiheit missbraucht, wenn man gegen die derzeitigen Ideologien wie dem Gendermainstreaming ist und dass diesem Missbrauch entgegengewirkt werden müsse, habe ich den Eindruck, dass die Deutschen tatsächlich nichts aus der Vergangenheit gelernt haben und es bereits wieder an der Zeit ist, sich gegen die Anfänge einer Diktatur zu stellen, auch wenn es zunächst nur eine Meinungsdiktatur sein sollte.
Hat man etwas dazugelernt oder verhält man sich neuerlich angepasst?
Und noch etwas: Wie sieht es denn mit dem millionenfachen Mord ungeborenen Lebens im Mutterleib aus? Könnte es sein, dass wir hier einmal gefragt werden, warum wir dagegen nichts unternommen haben? Die Behauptung: “Wir haben es nicht gewusst”, würde in diesem Fall nicht überzeugen.
Was ist vom Wort Gottes dazu zu sagen?
Der Sohn soll nicht tragen die Schuld des Vaters.
Hesekiel 18, Vers 20
In dem Buch “Sprechstunden mit Deinem Ich” von Ernst zur Nieden, auf das ich schon öfters Bezug genommen habe, wird von einem Jungen berichtet, der kein Selbstwertgefühl entwickeln konnte und deshalb im Leben versagte. Als er noch klein war, hatte er einmal etwas Unrechtes getan, weshalb er von seiner Mutter bei jeder Gelegenheit daran erinnert wurde, was für ein schlechter Kerl er doch sei.
An diese Geschichte fühle ich mich regelmäßig erinnert, wenn ein Politiker oder
ein Kommentator in den Qualitätsmedien darauf abhebt, dass der Holocaust gar nie vergessen werden darf, sondern die Erinnerung daran für alle Zeiten lebendig gehalten werden muss. Tatsächlich geht es dabei nicht um Erinnerung, sondern ganz eindeutig darum, den Schuldvorwurf lebendig zu halten, aus dem sich dann Verpflichtungen ableiten lassen.
Und das ist nicht gut, zumal die heutige Generation mit dem Dritten Reich nichts mehr zu tun hat, so dass sich weder die Frage nach einer tatsächlichen oder auch nur moralischen Schuld stellt.
Im christlich - abendländischen Denken spielt die Vergebung, verbunden mit einem
Neuwerden und einem Neuanfang, eine große Rolle. Wobei vergeben nicht vergessen heißt. Vergeben heißt, dem Schuldigen seine Schuld nicht länger vorzuhalten.
Im Judentum ist diese Vorstellung nicht so ausgeprägt. Hier geht es mehr um den
Grundsatz “Auge um Auge und Zahn um Zahn”. Das den Juden widerfahrene schwere Unrecht soll für alle Zeiten als ein besonders exklusives Unrecht wahrgenommen werden, das sich mit anderem Unrecht, und sei es noch so schwer, in keiner Weise messen kann.
Daher auch die sofortigen Proteste von jüdischer Seite und der Vorwurf, relativieren
zu wollen, wenn andere Völkermorde erwähnt werden, weil das den Leiden der Juden ihre Exklusivität nehmen könnte. Das Mindeste, was man von dem Volk der Täter erwarten muss ist, dass dieses für immer in Sack und Asche geht.
Und das ist die Umklammerung, aus der wir uns befreien müssen.
Jörgen Bauer
|